Referat Gabriele Jutz

Der Körper des Films

Angesichts der zunehmenden Entkörperlichung unserer Bildwelten greifen zeitgenössische Künstler und Künstlerinnen immer häufiger auf bildfremdes, physisches Material zurück, dessen konkret-sinnliche Qualität die Aura des Authentischen gewährleisten soll. Diese Funktion, die in der bildenden Kunst den bildfremden Materialien zukommt, übernimmt in der Filmavantgarde der Filmstreifen selbst. Durch das Offenlegen seiner Doppeleigenschaft als immaterielles, projiziertes Lichtbild und als materielle Filmrolle wird der Körper des Films als verdrängte Seite des Mediums in Erinnerung gerufen.

Spätestens seit den Aktionen des Expanded Cinema der 1960er Jahre bediente sich die österreichische Filmavantgarde exzessiv der plastisch-sinnlichen Qualitäten des Filmstreifens und benutzte diesen für ihre künstlerischen Artikulationen. Auch innerhalb einer der prägendsten Tendenzen der Avantgarde der 1980er und 1990er Jahre, im Found Footage-Film, tritt die materiale Grundlage des Films als Artikulationsfläche in den Vordergrund. Wie dieses Festhalten am Filmkörper, diese Betonung des Materialaspekts im Kontext der österreichischen Filmavantgarde einer Interpretation zugänglich gemacht werden kann, ist Gegenstand des Beitrags von Gabriele Jutz.

Gabriele Jutz, A.o. Univ. Prof. Dr., Film- und Medienwissenschaftlerin. Seit 1989 Lehraufträge an den Universitäten Salzburg, Graz und Wien; Mitarbeit bei der Forschungskooperation CNRS/Paris – Universität Salzburg, Bereich „Kultursemiotik“. Forschungsprojekt des FWF über „Gender und Film“. Gastprofessur für Filmwissenschaft an der FU Berlin. Seit 1993 Lehrtätigkeit an der Universität für angewandte Kunst in Wien, Lehrveranstaltungen zu Geschichte, Theorie und Ästhetik von Film und Medienkunst. 2009 Habilitation zum Thema „Cinéma brut. Eine alternative Genealogie der Filmavantgarde“. Publikationen: Zahlreiche Aufsatzpublikationen zu Film und Geschichte, feministische Filmtheorie, Semiotik der audiovisuellen Medien, Filmavantgarde und Medienkunst.
Buchpublikationen: Geschichte im Kino. Eine Semiohistorie des französischen Films: Rohmer, Resnais, Godard, Allio, Münster 1991; (Hg., ge.m. Peter Tscherkassky) Peter Kubelka. Wien 1995; Cinéma brut. Eine alternative Genealogie der Filmavantgarde (erscheint 2009 bei Springer).